This article on the need to appoint strong figures to the new EU posts after the entry into force of the Lisbon Treaty appeared in the German newspaper Die Welt
Die halbherzige Personalpolitik der EU
11 November 2009
Der Lissabon-Vertrag ist endlich abgesegnet, da offenbart sich das nächste Problem. Es scheint, als wollen die EU-Mächtigen ausgerechnet jene Politiker in Führungspositionen wählen, die auf dem internationalen Parkett keine bedeutende Rolle spielen.
Nun haben wir ihn endlich, den Lissabon-Vertrag. Und was jetzt? Es sieht wieder einmal ganz so aus, als ob die EU-Gewaltigen aus dem Sieg eine Niederlage zu filtern verstehen, indem sie Namen in die beiden neuen Führungspositionen wählen werden, die kaum Echo in deren eigenen Ländern hervorrufen dürften, geschweige denn in Europa oder der Welt. Dies ist nicht respektlos gemeint gegenüber den Persönlichkeiten, die als Präsident des EU-Rats und als neuer Hoher Repräsentant der EU-Außenpolitik im Gespräch sind.
Um mit Letzterem zu beginnen. An die 200 Konferenzen pro Jahr werden auf ihn/sie zukommen, denn er/sie muss auch als EU-Kommissar fungieren, ja, als Vizepräsident der Kommission. Die Reiseverpflichtungen allein aber dürften dem EU-Außenminister kaum Zeit lassen, an größeren Debatten oder Entscheidungsfindungen in der Kommission teilzunehmen. „Europas erster Außenminister" klingt grandios, doch der/die Amtsinhaber/in wird kaum der Außenpolitik in Paris, London, Berlin oder Warschau widersprechen können, sondern sich eher um Kompromiss und Konsens zwischen der Außenpolitik von 27 Staaten kümmern müssen. Sollte er bei Russland eine entschiedene Linie vertreten, wie Polen, Großbritannien oder Schweden es wünschen, oder eher eine weiche, wie Berlin im letzten Jahrzehnt? Will er auf die tief sitzende österreichische und französische Abwehr der Türkei hören oder mehr auf die Türkei und ihre EU-Ambitionen?
Als neuer Favorit wird der belgische Premierminister gehandelt
Kurzum: Der EU-Außenminister hat möglicherweise weit weniger Gewicht als denjenigen, die sich ein mächtiges Europa wünschen, lieb ist. David Miliband hat seinen Mitte-Links-Freunden bereits signalisiert, er möchte lieber in London bleiben, um dabei zu helfen, die anti-europäischen Tories zu verhindern. Was den EU-Präsidenten angeht, so gratulieren sich schon jetzt die britische anti-europäische Rechte und die anti-amerikanische französische Linke, Tony Blair verhindert zu haben. Als neuer Favorit wird jetzt der belgische Premierminister gehandelt. Aber Belgien stellt so ziemlich die Antithese dar zu einigen europäischen Grundwerten, da die belgische Politik auf sektiererischem Separatismus fußt, durchmischt mit linguistischem Hass und Intoleranz gegenüber dem Anderen. Das möchte man lieber nicht exportiert sehen.
Geht es um ein bequemes Leben und Jobs für alte Freunde, die niemandem wehtun? Dann hätten die EU-Verantwortlichen nach einem Elefanten von einem Vertrag Mäuse an die Schalthebel der EU gesetzt.